Im Mai 2022 habe ich durch Zufall erfahren, dass für meinen Servo L, den ich im Dezember 2017 bekommen habe, bereits Ende 2021 die Ersatzteilversorgung ausgelaufen ist. Das hat mich überrascht und kalt erwischt.

    Nun bin ich auf der Suche nach einem Nachfolgesystem. 5 Systeme habe ich inzwischen gefunden und mühsam versucht, detaillierte und aussagefähige Informationen darüber zu bekommen.

    Die Antriebe von Alber haben fest verbaute Akkus, die der anderen sind wechselbar.

    * mit Selbstfahr-Option

     

    Folgende Punkte gehen in die Vergleichsbewertung ein:

    • max. Verbreiterung Rollstuhl durch die Räder - wichtig bei engen Türen
    • max. Reichweite, Ladezeit Akkus - Bewegungsradius
    • Dauerbetrieb (Selbstfahr-Option) möglich? - Achtung: Bedienung und Reichweite
    • Akku in jedem Rad oder zentral (Typ, Montageort, fest installiert oder (leicht)lösbar, Kosten Zweitakku)
    • Steckachse für Standardräder (leichter Radtausch) - “must have” im Servicefall
    • an Traveler montierbar - wichtig für mich
    • Ladeboynutzung möglich - wichtig für Transport
    • Steigfähigkeit, Bergfahrprogramm - welche Rampensteigung ist befahrbar
    • Ausschaltautomatik einstellbar - Optimierung zwischen Komfort und Laufzeit
    • Garantie und Länge der Ersatzteilversorgung - sehr kritisch (siehe AAT)
    • Bedienelement(e) (was lässt sich mit ihnen einstellen und was kosten sie evtl. zusätzlich)
    • App (Verfügbarkeit, Zusatzkosten, Nutzen) - Komfort und Bedienbarkeit
    • seit wann im Markt - aktueller Entwicklungsstand,
    • Servicetechniker sitzt wo - wie schnell Hilfe im Störfall
    • max. Zeit Austauschteile bei Defekt - sollte sehr kurz sein
    • links-rechts Ausgleich Armkraft - Grundbedingung
    • Einfache Umschaltung Fahrprogramm zwischen innen und außen - Grundbedingung
    • sinnvolle Zusatzfunktionen - on top
    • Endkundenbetreuung - Reaktionszeit, Kompetenz, Lösungen im Problemfall
    • Nutzerbewertungen, soweit vorhanden - helfen bei der Entscheidung

 

    Ich habe eine einfache Plus-Minus-Bewertungstabelle aufgesetzt. Dabei habe ich auf den M25 ohne Selbstfahroption verzichtet, da der Sprung zum DuoDrive bzgl. Nutzungsfeatures für mich so groß ist, dass der M25 für mich nicht infrage käme.

    Ich habe die einzelnen Firmen angeschrieben und ihnen eine Frageliste übermittelt. Die im Internet verfügbaren Informationen sind für eine Bewertung überhaupt nicht ausreichend.

    Die Beantwortung zog sich - bis auf Alber mit dem DuoDrive - über 2 Monate hin und ist immer noch nicht vollkommen abgeschlossen.

    Es scheint bei den Herstellern kein besonderes Interesse zu bestehen, Detailfragen zu den Antrieben zu beantworten. Damit werte ich die Kundenbetreuung als ungenügend.

    Bewertungspunkt

    DuoDrive

    Servo L

    E-Move

    WheelDrive

    Akku wechselbar

    -

    +

    +

    +

    Reichweite km (standard/selbstfahr)

    25/15

    55/0

    30/0

    20/12

    Typ Akku

    Li-Ionen

    Li-Ionen

    Li-Ionen

    NiMH

    Selbstfahroption

    +

    -

    -

    +

    Steigfähigkeit

    10%

    14% - 20%

    10%

    10%

    Ersatzteilversorgung (wie lange gesichert)

    +

    -

    +

    +

    seit wann am Markt - letztes Update

    2021

    2018

    2018

    10.22

    mehr als 2 Fahrprogramme

    +

    +

    -

    +

    Bergfahrprogramm bzw. Rückrollbremse

    +

    +

    0

    +

    Individualisierte Parametereinstellungen

    +

    0

    0

    0

    Links-Rechts-Anpassung Armkraft

    +

    +

    +

    +

    Schrägkorrektur Bürgersteig

    -

    -

    +

    -

    App (ggf. mit Mehrkosten)

    +

    -

    -

    -

    Nutzung Ladeboy im Kofferraum liegend

    +

    +

    +

    -

    Betriebstemperaturbereich in °C

    -20 bis +50

    -25 bis +50

    0 bis +35

    -10 bis +40

    Endkundenkommunikation

    +

    -

    -

    -

    Nutzerberichte im Internet (aktuell)

    +

    -

    -

    0

 

    Zusammenfassung:

    Gemeinsame Punkte für alle Antriebe:

    • Es gibt bei jedem der Antriebe durchaus eine Reihe von Parametern, die angepasst werden können. Allerdings können Änderungen in der Regel nur durch das Sanitätshaus bzw. den Fieldservice vorgenommen werden. Das erzeugt unnötig hohe Kosten. Ein kurzfristige Anpassung von Parametern an die aktuelle Befindlichkeit scheidet damit aus. Nutzerfreundlich ist das auf keinen Fall.
    • Aktuell gibt es nur beim E-Move eine Kommunikation der Räder untereinander, beim WheelDrive ist sie geplant.
    • Eine App gibt es nur beim DuoDrive (auch in Grundfunktionen teilweise kostenpflichtig und nicht inklusive). Beim Servo wurde sie 2018 wegrationalisiert, der damit wesentliche Features verloren hat. Die beiden anderen Antriebe hatten noch nie eine und geplant ist auch keine.
    • Die garantierte Ersatzteilversorgung nach Produktionsauslauf liegt zwischen 5 und 7 Jahren. Nur beim Servo L von AAT ist sie mit 2 Jahren indiskutabel kurz. Ich kann nicht nachvollziehen, wie das dem Kunden gegenüber gerechtfertigt werden kann. Gründe dafür wurden mir trotz Nachfrage nicht genannt. Steht da evtl. ein Rückzug des Antrieb aus dem Markt bevor?
    • Die Endkundenkommunikation ist nur mit Alber (DuoDrive) erfreulich gut und schnell.

    DuoDrive:

    • Hauptkritikpunkt sind die fest verbauten Akkus. Dadurch können keine Ersatzakkus geladen vorgehalten werden und das Laden gestaltet sich für einen Nutzer (wie mich), der nicht mehr gehen kann, äußerst umständlich bis gar nicht lösbar ohne fremde Hilfe. Dies ist ein möglicher K.-o.-Punkt.
    • Es gibt viele gute Nutzerberichte im Internet.
    • Dieser Antrieb scheint aktuell technisch die Nase vorne zu haben.
    • Er bietet - wie der WheelDrive - eine Selbstfahroption und ist damit sehr interessant. Allerdings kommunizieren beine Räder dabei nicht miteinand. Dadurch können kritische Fahrsituationen entstehen.

    Servo L:

    • Hauptkritikpunkt ist die extrem kurze garantierte Ersatzteilversorgung von nur 2 Jahren nach Produktionsauslauf. Für ein derart teures Hilfsmittel ist das indiskutabel. Dies ist ein absoluter K.-o.-Punkt. Wer würde wohl ein neues Auto kaufen, wenn er riskieren würde, in gut zwei Jahren keine Ersatzteile mehr zu erhalten.
    • Warum ein gute, nutzerfreundliche App wegrationalisiert wurde, erschließt sich mir nicht. Das Argument der Kosten könnte bedeuten, dass der Antrieb keine große Marktpräsenz hat. Das verunsichert. Die Umschaltung zwischen den verschiedenen Programmoptionen ist dadurch nur noch sehr umständlich möglich.
    • Die maximale Reichweite ist grandios.
    • Mit ausgeschaltetem Antrieb ist der Rollstuhl (unbesetzt) sehr schwergängig.

    E-Move:

    • Der Antrieb wirkt antiquarisch, obwohl er viele Verstellmöglichkeiten besitzen soll. Die Bedienelemente entsprechen nicht dem heutigen Standard.
    • Es gibt nur 2 Standardprogramme.
    • Der Betriebstemperaturbereich ist indiskutabel.
    • Decon Mobility betreibt seit dem 01.05.2022 den Firmensitz in Osnabrück nicht weiter, da die Tochterfirma mit dem Mutterkonzern zusammenwächst. Dies soll keine Verschlechterung vom Service bedeuten.
    • Decon ist der Anbieter, der meine Fragen immer noch nicht ausreichend beantwortet hat.

    WheelDrive:

    • Kritikpunkte sind die kurze Reichweite und der Umstand, dass die Lagerung auf dem inneren Greifreifen nicht zulässig ist. Daher kann er nicht ohne Weiteres liegend mit dem Ladeboy im Kofferraum verstaut werden. Dies ist ein möglicher K.-o.-Punkt.
    • Auch auf meine Anregung hin fand leider kein Lösungsversuch mit Fa. Rausch statt. Ich habe daraufhin selbst Kontakt mit Herrn Rausch aufgenommen und er meinte, dass eine Sonderlösung wohl möglich sei, auch wenn es anmelkte, dass sich der WheelDrive nicht gut verladen ließe. Allerdings müssten das sowohl das Auto mit dem Ladeboy als auch der Rollstuhl ins Werk nach Balingen.
    • Dieser Antrieb bietet - wie der DuoDrive - eine Selbstfahroption und ist damit grundsätzlich sehr interessant. Auch hier findet im Selbstfahrbetrieb leider keine Kommunikation der Räder untereinander statt.

 

    Diese Marktanalyse lässt mich ziemlich deprimiert und enttäuscht zurück. Keiner der Antriebe erfüllt aktuell meine eigenen Basis-Anforderung. Die Firmen scheinen den Endkunden aus dem Fokus verloren zu haben. Eine Empathie habe ich nirgends finden können. Wie es dem Kunden zB bei Abkündigungen und Reparaturen (Ersatzteillieferungen) geht, scheint keine hohe Priorität zu besitzen. Dies führt teilweise zur Hilflosigkeit.

    Die Sanitätshäuser, die die Kundenbetreuung und die Feineinstellungen übernehmen sollen, besitzen nach meinen eigenen Erfahrungen mit den 3 bei uns am Ort ansässigen nicht die nötige Fachkompetenz dafür. Wer also hofft, sie könnten kompetent beraten und Einstellungen der Antriebe für den Endkunden optimieren, täuscht sich garantiert.